Seit zwei Wochen sind wir jetzt schon in der
Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und schaffen es erst jetzt einen Eintrag
zu schreiben. Wir kommen jeden Tag ein bisschen mehr hier an und sind selbst erstaunt,
wie schnell die Stadt und ihre Eigenheiten und auch die Arbeit bei Chance und
unsere Nestbauaktivitäten wie selbstverständlich zu unserem neuen Alltag
dazugehören. Fragt man die Einwohner so herrscht in Huánuco „el mejor clima del
mundo“ - das beste Klima der Welt, was auch treffend scheint. Die Sonne scheint
fast den ganzen Tag, es sind ca. 25-30°C, abends kommt ein wenig Wind auf und
ansonsten ändert sich das Wetter nicht wirklich. Morgens gibt es noch ein paar
Wolken, aber durch die Sonne sind die bis um 8 / 9 Uhr verschwunden. Und die
Leute sagen, dass es das ganze Jahr über so bleibt.... (!) Nur in den Monaten
Dezember bis März kommt die Regenzeit und dann ist es ein wenig kälter. Die
andauernde Sonne hat aber zur Folge, dass es mittags wirklich ziemlich heiß ist
und wir „gringos“mit unserer hellen Haut lieber in den Schatten flüchten. Da monatelang kein Regen fällt ist
es auch sehr trocken und die Arbeit auf dem Felde dementsprechend hart. Extrem
wichtig sind daher die Wasserwege und die Bewässerung der Felder, wenn man auf
dem Dort wohnt.
Eine Wohnung? Ein Zimmer? Ein Bungalow!
Am Samstag, den 11. Mai, wurden wir am
Busbahnhof von Luis, dem Leiter von Chance Peru in Empfang genommen. Die ersten
beiden Nächte haben wir dann bei ihm zuhause verbracht, da die Büroräume von
Chance am Sonntag geschlossen sind. Am Montag sind wir dann in das Gästezimmer
im Begegnungszentrum gezogen, wo wir nicht mal eine Woche gewohnt haben.
Spontan und mit Gottes Hilfe haben wir nämlich eine Anzeige eines Zimmers
gefunden, in dem wir jetzt wohnen. Wir haben es angeschaut und nachdem uns
keine Gründe eingefallen sind, wieso wir hier nicht einziehen sollen, haben wir
zugesagt.
Unsere Wohnung, oder sagen wir besser unser Zimmer befindet sich in
einem ruhigen Stadtviertel namens „Paucarbambilla“. Wir wohnen im 2. OG (und
grüßen hiermit besonders alle 2.-OG-WUMSerInnen =O), etwas nach hinten
versetzt, so dass wir nach vorne eine große Terrasse haben. Unser Zimmer, Sarah
hat es mal Bungalow genannt, ist sehr einfach, für unsere Zwecke aber
vollkommen ausreichend. Vielleicht ca. 3x8m groß, nochmal getrennt in der Mitte
durch eine Metallwand, mit WC und Dusche (zusammen, wenn der eine duscht und
der andere gerade auf dem Klo sitzt, werden beide nass und kalt....=O) und einem
Spülbecken.
Chance Peru
Gleich am ersten Montag ging es los. Erstmal
eine kurze Vorstellung aller MitarbeiterInnen sowie der Arbeitsbereiche und
dann wurden wir immer mehr in die Arbeit mit hineingenommen. Wir beginnen um 8h
und arbeiten bis mittags um 13h, danach gibt es 2 Stunden Mittagspause und dann
geht es noch von 15h bis 18h weiter. Da an den Wochenenden mit den Kids von
„Padrinazgo“gerade einige Aktionen laufen, sind wir auch zur Zeit auch Samstags
nochmal von 8h bis 13h eingespannt.
Im Begegnungszentrum selber ist die Akademie
untergebracht. APPA – Academia Preuniversitaria Peruana
Alemana – peruanisch-deutsche voruniversitäre Akademie. Die
Bildungslandschaft in Peru ist so aufgebaut, dass es zwei Arten von Schulen
(und auch Universitäten) gibt: die staatlichen und die privaten. Die Ausbildung
im staatlichen Zweig ist leider nicht ausreichend, um eine Aufnahmeprüfung für
ein Studium zu bestehen. Aus diesem Grund haben sich „Akademien“ herausgebildet
– welche interessierte Jugendliche innerhalb von 3 Monaten auf die
Aufnahmeprüfungen an den Unis vorbereiten. Die Akademie von Chance ist für
einkommensschwache Schüler bzw. Familien gedacht, da die Kosten zur Hälfte von
Spendern übernommen werden. Die Akademie wird von Daniel gemanagt, richtig mitarbeiten
können wir da nicht, da die Kurse sehr themenspezifisch sind und von Lehrern
bzw. Professoren gegeben werden. Genau an unserem ersten Tag, am 13. Mai, hat
wieder ein Trimester begonnen. Da noch Plätze frei waren, haben wir in den
ersten Tagen viele Flyer verteilt und zur Akademie eingeladen. Daniel hat uns
auch schon gefragt, ob wir vielleicht Englisch- und/oder Deutschunterricht
geben könnten. Vamos a ver = Wir werden sehen.
Die Arbeit von Josi betrifft die Vergabe
von Mikrokrediten zum Starten oder Verbessern von Kleinunternehmen, um eine
bessere Einkommensbasis für den Einzelnen bzw. die Familie zu schaffen. Josi
nahm uns zu einer Kreditübergabe mit und auch zu den weniger angenehmen
Mahnungen vor der Einleitung gerichtlicher Verfahren wegen überfälliger
Rückzahlungen. Für eine Vergabe muss sich eine Gruppe von vier bis acht
Personen finden, die alle jeweils ein kleines Geschäft haben. „Unsere“ Gruppe
war sehr gemischt, 3 Männer, 2 Frauen alle zwischen 18 und 50 Jahren. Von der
jüngeren Frau wurde ich (Sarah) auch prompt gefragt, ob ich nicht Patentante
ihres wunderwinzigen 2 Wochen jungen Söhnchens werden möchte...Wir haben uns
erstmal darauf geeinigt, dass wir uns allesamt näher kennenlernen, aber bis auf
eine weitere kurze Begegnung in San Luis auf der Straße haben wir uns nicht
mehr gesehen. Mit den Mikrokrediten werden nur kleine Unternehmen unterstützt
(Mototaxi, Straßenladen, etc.). Es kam bisher nur einmal vor, dass zwei
Personen bei einem Geschäft beschäftigt waren. Pro Person wird ein Kredit von
300 Soles gezahlt (etwas weniger als 100€; 1€ = 3,5 Soles), der dann in sechs
Monatsraten zurückgezahlt wird, leider nicht zinsfrei, wie wir ursprünglich
annahmen. Bei zuverlässiger und pünktlicher Rückzahlung kann erneut ein Kredit
aufgenommen werden, der dann auch höher ausfallen darf. Bei der Kreditübergabe,
bei der wir dabei sein durften, wurden zuerst von jeder Person die Daten
aufgenommen und dann ein entsprechender Vertrag unterzeichnet. Anschließend gab
Josi den Kreditnehmern anhand selbsterstellter Plakate noch einige Tipps, wie
sie ihre Kleinstunternehmen verbessern können. Wir hatten viele Fragen an Josi
und konnten uns auch noch nicht auf alle Antworten einen Reim machen. Wird
bestimmt noch spannend werden, wobei wir bestimmt weniger im Bereich
Mikrokreditvergabe eingesetzt werden, da dies vor allem Büroarbeit und Beratung
erfordert. Hierfür fehlen uns einfach die spezifischen Sprachkenntnisse (und
mir (Sarah) zusätzlich auch der Wirtschaftssinn).
Dann gibt es das Patenschaftsprogramm („Padrinazgo“).
Im Stadtteil San Luis (eine slumähnliche, sehr ärmliche Wohngegend)
und im Dorf Ingenio Bajo werden insgesamt ca. 100 Kinder von Paten aus
Deutschland durch einen monatlichen Betrag unterstützt. In den vergangenen zwei
Wochen haben wir insbesondere in diesem Projekt, besonders in San Luis,
mitgewirkt und dies wird bestimmt auch in Zukunft so sein. Momentan werden zwei
unterschiedliche „Talleres“ (direkt übersetzt heißt es 'Werkstatt', aber
natürlich eher im Sinne eines 'Workshops' ) angeboten. An den Samstagen werden
Handtücher und Stoffbeutel (die am 05.06., dem Tag der Umwelt verteilt
werden und das Müllbewusstsein steigern
sollen. Bei jedem Einkauf müssen wir mindestens dreimal sagen, dass wir keine Plastiktüte
haben wollen.) genäht, die wir unter der Woche zusammen mit Kathy, der
Psychologin, die hauptamtlich im Bereich „Padrinazgo“ engagiert ist,
vorbereitet haben. Mit viel Geduld und Zähneknirschen wissen wir jetzt auch wie
„Señora Siruba“ und „Señor Jack“ (die beiden Nähmaschinen) funktionieren und
was sie zum flüssigen Rattern benötigen. Oft sind sie einfach viel zu schnell
für uns; *schwidd* und schon biste durch, das man da korrekt näht, ist für uns
Amateure fast unmöglich. Wir haben leider keine Einstellung gefunden, die das
verlangsamt, sondern nur eine, die die Nadel zertrümmert. Also finden wir uns
damit ab und üben uns in Geduld und im Nähen=O).
Sarah beim Kennenlernen der grossen und komplizierten Kettel-Naehmaschine |
Der andere „Taller“ wird von Delhi gestaltet,
der Agrarwissenschaftlerin des Chance-Teams. Dabei bauen wir mit den Kids aus
Plastikflaschen Mini-Beete, die auch auf kleinstem Raum einen Platz finden.
Zeitgleich bereiten die Mütter der Kids einen leckeren Salat zu, der dann von
allen verspeist werden darf und auf die zukünftig erntbaren Radieschen,
Salatblätter, Zwiebeln, Möhren und Korianderkräuter einstimmt. Viele der Kids
mögen lustigerweise keine Radieschen. Christopher, einer der chicos, kam auf
die Idee seine Radieschen an die Schildkröte des Hauses zu verfüttern, sehr zur
Belustigung aller und zur Freude der sehr hungrigen „tortuga“.
beim Basteln der Flaschen |
hier die fertigen Ergebnisse :) |
und so sieht es dann fertig aus, nun nur noch regelmaessig giessen! |
Mit Delhi fahren wir auch jeden Mittwoch nach
„Ingenio Bajo“. Vormittags helfen wir den Schülern bei der Errichtung eines
Schulgartens und nachmittags unterstützen wir eine Gruppe von Dorfbewohnern
beim Anbau diverser Pflanzen, die sie später auf dem Markt verkaufen können.
Dadurch wissen wir jetzt auch wie Kaffee gepflanzt wird und wie sensibel diese
Pflanze ist. Zuerst muss der Sand gründlich gewaschen und desinfiziert werden,
bevor der Samen liebevollst in die Erde gesetzt wird. Die Frauen aus „Ingenio Bajo“
sind sehr neugierig und wir sind oft das Thema ihrer Gespräche (vor allem unser
Vegetarier-Dasein=O). Wenn wir das mitbekommen und darauf reagieren, sind sie
oft verlegen und kichern gemeinsam. Allmählich können wir uns auch einige Namen
merken. Dann freuen sie sich sehr.
beim Einpflanzen der Kaffeebohnen |
Wir könnten euch noch ganz viel mehr erzählen
über unser Leben hier....aber davon beim nächsten Mal=O)
Seid gesegnet all ihr Lieben!