Dienstag, 6. Mai 2014

Ende in Sicht

Nun ist es schon soooo lange her, dass wir einen Blogeintrag gepostet haben, sodass dieser bestimmt gaaanz lang wird, da wir soviel zu erzählen haben. Wo fangen wir denn am besten an?

Colegio
Nachdem der Sommerdurchgang der Akademie (Januar bis März) an der Uni angenommen wurde bzw. einen neuen Versuch wagen muss, wurde im April bei Chance ein ganz neues Projekt gestartet: eine weiterführende Schule („secundaria“) mit den Klassenstufen 7 bis 11, in der wir auch Unterrichtsstunden geben. Sarah hat wieder Englisch unterrichtet und ich (Falko) Deutsch. Während dieser Zeit wurden uns die Defizite des hiesigen peruanischen Bildungssystems und deren Auswirkungen einmal mehr deutlich vor Augen geführt. Es ist hier wirklich nicht leicht weder Lehrer noch Schüler zu sein. Zum einen gibt es nur eine allgemeine weiterführende Schule, es wird nicht nach unterschiedlichen Niveaus getrennt. So langweilen sich die einen und können dir die Antwort auswendig sagen, während die anderen schwerwiegende Verständigungsprobleme haben. Bei einer geringen Klassenstärke mag dies kreativ händelbar sein, bei 25 und mehr SchülerInnen pro Lehrkraft wird es jedoch für alle superanstrengend. Die Unterrichtszeiten sind von 7.30 bis 10.30 durchgehend vier Stunden á 45 min, ggf. verschiedene Fächer für alle Klassenstufen gleich. Dann eine halbe Stunde Pause und dann nochmal das Gleiche von 11h bis 14h. Insgesamt haben sie dann viel mehr Unterrichtsstunden pro Woche (und weniger Pausen) als in Deutschland. In anderen Schulen sieht das nicht anders aus. Die Stoffvermittlung ist dementsprehend schwierig, da Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit bei vielen SchülerInnen ohnehin schon eher niedrig ist. Manchmal wundere ich (Falko) mich, warum sie manches einfach nicht verstehen, obwohl ich den Stoff schon mit sehr einfachen und klaren Erklärungen zu vermitteln suche. Am Anfang wollte ich viel mehr in eine Stunde packen, habe es aber stark reduzieren müssen, auch da viel Zeit mit Ordnung halten drauf geht...Unser Ziel war und ist es neben der Vermittlung einer fremden Sprache vor allem kommunikative und soziale Kompetenzen zu stärken und die SchülerInnen zum selber denken anzuregen. Was für uns total normal scheint, ist hier sehr ungewöhnlich. So sind unsere SchülerInnen weder thematische Schüler-Lehrergespräche, noch Partner- geschweige denn Gruppenarbeit gewöhnt. Beim Großteil der anderen Lehrkräfte gibt es tolle systematisch ausgefeilte Tafelbilder und langwierige Monologe mit damit verbundenem stundenlangem Abschreiben, sodass dann oft keine Zeit mehr für Erklärungen des Stoffs bleibt. Hm...
Eine Änderung dieses Systems ist vorerst nicht in Sicht. Das Bildungssystem ist in staatliche und private Schulen unterteilt und die Schule von Chance ist schon eine private. Es gibt insgesamt mehr private als staatliche Colegios und innerhalb dieser viele verschiedene Niveau- und Kostenunterschiede getreu dem Motto: je teurer, desto qualitativ besser.

Nähworkshops
Seit Anfang März haben wir in den Workshops des Patenschaftsprogramms auch angefangen T-Shirts zu nähen. Es wurde ganz viel Baumwollstoff gekauft (als Kilo-, nicht als Meterware!) und dann haben wir mit Hilfe einer Señora gelernt, wie man die passenden Stoffteile ausschneidet und zusammennäht. Es ist nur geringfügig schwieriger als die Beutel, die wir genäht haben und zur Zeit ist der ganze Raum mit T-Shirtteilen in verschiedenen Stadien voll – noch nicht angefangen, halb fertig oder schon abgeschlossen. Mittlerweile sind über 100 T-Shirts fertig.

Auf zu bekannten Ufern
Nun sind wir schon über ein Jahr in Peru und am 11. Mai feiern wir unseren 1. Jahrestag bei und mit CHANCE in Huánuco. Diese Gelegenheit haben wir genutzt, um Rückschau zu halten und zu überlegen wie es weitergeht mit unserem Engagement hier. Auf lange Sicht fiel uns auf, dass trotz der vielen kleinen praktischen Hilfen im Alltag der NGO und einiger weniger persönlicher Projekte wie die Lehrtätigkeit, das Ferienangebot oder die heilpädagogische Förderung von Frank uns wenig Verantwortung übertragen bzw. Aufgaben an uns herangetragen werden. Vor allem fehlen uns Aufgaben, in denen wir unsere professionellen Fähigkeiten sowie auch persönliche Gaben einbringen und weiter entfalten können. Es gab (und wird es bestimmt auch in Zukunft geben) immer wieder Gelegenheiten in verschiedenen einzelnen Projekten, in denen wir uns (auch gefühlt) sinnvoll und mit großer Freude einbringen konnten, jedoch mangelt es diesen an Kontinuität. Daneben kommt es immer wieder zu Konflikten, die uns verdeutlichen, dass ein von uns gewünschter Austausch sowohl auf professioneller, als auch freundschaftlicher Ebene nicht möglich ist. So ist unsere Unzufriedenheit gewachsen und wir haben nach vielen Gebeten und Gesprächen beschlossen unseren Dienst hier zu beenden. Da mit der Unzufriedenheit auch unser Heimweh wuchs, dürft ihr uns nun schon bald wieder in Deutschland willkommen heissen.=O)

Nun gehören wir auch zur Patenfamilie
Eine der Jugendlichen im Patenprogramm, die wir besonders ins Herz geschlossen haben, hat vor kurzem aus unbekannten Gründen ihre Paten verloren. Nach einigem Überlegen schlugen wir der Leitung von CHANCE vor, die Patenschaft zu übernehmen. Als wir der Jugendlichen gestern nach der monatlichen Patenschaftsgeldübergabe diese Mitteilung überbrachten, umarmte sie uns ungestüm, hüpfte ganz aufgeregt von einem Bein auf das andere und meinte: „Ahora estoy feliz!“ („Jetzt fühl ich mich glücklich!“) und wir mit ihr=O)

Hier noch einige visuelle Eindrücke von den letzten Wochen:
Frank putzmunter beim Stempeln.

Über Ostern waren wir ein paar Tage in der Selva, im wunderschön grünen Tingo Maria.

Hier im idyllischen Öko-Hostel durften wir schlummern.

Ein kulturelles Ereignis in Huánuco: "León de Huánuco" gegen "Sporting Cristal"

Die Kids üben sich an der Nähmaschine, um die T-Shirts anzufertigen.

Sarah war vor ein paar Wochen ans Bett gefesselt, da haben ihr die Padrinazgo-Kids Gute-Besserungs-Grüße geschickt!



Bloß gut kam Falkos Bruder Henrik zu Besuch, so konnte Falko noch auf die Antenne (ein Berg) steigen.

1 Kommentar:

  1. Ihr Lieben. Danke wieder mal für eure ehrliche Zeilen! Schade, dass ihr in der Ferne nicht das gefunden habt, was ihr gesucht habt. In der Verfolgung eures Blogs habe ich trotzdem dem Eindruck, dass ihr viel für eure Persönlichkeit mitgenommen habt.
    Ich wünsche euch gute letzte Tage & vor allem einen klaren Ausblick, wie es weitergeht.
    Ich persönlich würde mich freuen, wenn ihr wieder nach Dresden kommt. Herausforderungen und eigene Projekte gibts im Stoffi reichlich! :)

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